Steht Bayern München ein neuer Chaos-Herbst bevor?*
Der Auftritt des deutschen Meisters FC Bayern München gleicht seit Saisonstart einer Achterbahn.
Bereits im Vorjahr schlitterten die Münchner in einen Chaos-Herbst, dies wollte man dieses Jahr unbedingt vermeiden. Doch die Vorzeichen stehen schlecht. Nach jedem Erfolgserlebnis folgt prompt ein Rückschlag. Der letzte kam für jeden von uns völlig unerwartet.
Auf den Triumph folgt die Niederlage
Nach dem phänomenalen Auftritt in der UEFA Champions-League, als UEFA Europa-League-Sieger Tottenham Hotspur mit 7:2 vom Platz geschossen wurde, verlor der Serienmeister sein Heimspiel gegen TSG 1899 Hoffenheim. Der Mittelständler feierte einen 2:1 Sieg und verbesserte sich auf Platz zwölf in der Tabelle. Die Kraichgauer hatten saisonübergreifend seit fünf Auswärtsspielen nicht mehr gewonnen, ausgerechnet gegen Bayern München beendete der Klub seine Negativserie. Damit begannen die Diskussionen in und rund um Bayern München von neuem.

In München regiert die Emotion
Fußball lebt, wie jede andere Sportart auch von Emotionen. Der richtige oder falsche Spielzug zum perfekten Zeitpunkt kann ein ganzes Stadion in einen Freudenrausch, bzw. in tiefste Depressionen stürzen. Die Zuschauer vor dem Fernseher leiden und freuen sich in gleichem Ausmaß mit. Davon profitieren nicht nur die Merchandising-Abteilung der Bayern, sondern auch die Medien und die „Zulieferindustrie“. Sie will das „Erlebnis Fußball“ in weiterer Folge auch in den Alltag integrieren und den Fans die Möglichkeit geben ihre positiven Emotionen immer wieder zu erleben.
Jeder gegen Jeden
Das können nicht nur die Schals und T-Shirts des Lieblingsvereins bewirken, sondern immer öfter auch Spiele, die den Fan direkt ins Geschehen einsteigen lassen. So führen Joshua Kimmich und Thomas Müller die Ratings der Bayern als beste Bundesliga-Mannschaft im beliebten Videospiel FIFA 20 an und bieten den Fans die gesuchte Identifikationsmöglichkeit. Eine Alternative zum Zocker-Videoklassiker bietet PokerStars. Bei dem Game Live Football Studio stehen die Spieler in einem Live-Fußballstudio. Angefeuert von einem Kommentator, sehen sie Video-Animationen der Spiele und können auf die Ergebnisse setzen. Der langjährige Erfolg des FC Bayern München auf nationaler und internationaler Ebene hat alle Vorgänge in und rund um das Team zu einem emotionalen Thema in den Medien werden lassen. Alle Diskussionen werden sofort aufgegriffen und öffentlich in ihre Einzelteile „zerlegt“. Das das die Spitzenfunktionäre und Trainer in München nicht kalt lässt, beweisen zahlreiche legendäre „Wut-Pressekonferenzen“ von Uli Hoeneß und Co. Immer öfter lautet dabei das Motto: Jeder gegen Jeden. Fußball zählt zwar angeblich zu den gefährlichsten Sportarten der Welt, doch in München fliegen die Beile offenbar besonders tief.
Kein idealer Start
Schon die Vorbereitung auf die Saison 2019/2020 verlief alles andere als ideal. Fans und Medien verfolgten wochen- und monatelang das Wechseltheater rund um die verschiedensten Fußballstars, die angeblich nach München wechseln würden. Doch wie auch im Fall von Leroy Sané entpuppten sich die Gerüchte als nicht viel mehr als eben Gerüchte. Die Vereinsführung rund um Präsident Uli Hoeneß reagierte darauf zunehmend genervt. Entsprechend enttäuschend verlief dann auch der Saisonauftakt im eigenen Stadion. Hertha BSC war zu Gast und entführte einen Punkt aus der Allianz Arena. Damit hatte wohl niemand gerechnet. Und so ging es munter weiter. Auf jeden tollen Auftritt folgte ein unbefriedigendes Spiel.
Verlässt Thomas Müller den Verein?
Kaum hatte sich die Situation halbwegs beruhigt, gingen die Diskussionen wieder von vorne los. Letzter Auslöser war ausgerechnet Trainer Niko Kovač. Er überraschte mit Aussagen, die weder den Fans, noch der Vereinsspitze Freude machten. So sei seine Mannschaft noch nicht soweit, „drei oder vier Spiele am Stück zu liefern“. Das war Wasser auf den Mühlen von Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge, der ohnehin nicht gerade als Fan des Kroaten gilt. Als Kovač dann auch noch, nach der Niederlage gegen TSG 1899 Hoffenheim, seinem Co-Kapitän Thomas Müller öffentlich ausrichtete, dass er, wenn Not am Manne sein sollte, auch seine Minuten bekommen würde, war Feuer am Dach. Müller hielt sich zwar mit öffentlichen Statements zurück, doch sofort kamen Transfergerüchte auf, die bis dato nicht verstummen wollen. Das FC Bayern München-Urgestein ist ganz offensichtlich frustriert und sieht wenig Chancen seinen jahrelang garantierten Stammplatz unter Niko Kovač zurückzuerobern. Die Bayern-Bosse haben angeblich bereits ihre Fühler nach einem Nachfolger ausgestreckt.

Kovač im Visier
Ein FC Bayern München ohne die große Identifikationsfigur Thomas Müller erscheint noch unvorstellbar. Doch auch die Abgänge von Bastian Schweinsteiger und Philip Lahm wollten die Fans zunächst nicht wahrhaben, bis es dann soweit war. Für den Trainer wird die Aufgabe nach den neuerlichen Diskussionen nun noch schwerer. Im November räumt Uli Hoeneß seinen Posten als Präsident, er galt immer als größter Förderer des Bayern-Trainers. Ist er erst einmal weg, wackelt der Sessel von Niko Kovač wohl neuerlich gewaltig.
*Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit Alejandro Marti. Alejandro Marti (28) ist Freelancer im redaktionellen Bereich rund um die Themen Sport, News und Business.